Chambre des Métiers

Pressekonferenz: Ein zögerlicher Staatshaushalt: ein zu schwaches Signal für das Handwerk

  • Publié le 16.11.2021

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Die Wirtschaft von morgen vorzubereiten, erfordert bereits heute mutige Entscheidungen. Als entscheidender Akteur in der Dekarbonisierung des Landes appelliert das Handwerk an den Staat, den Klima- und digitalen Wandel seiner Unternehmen angemessen zu unterstützen.


Die Pandemie hat im öffentlichen Haushalt Luxemburgs ihre Spuren hinterlassen. Das 2020 verzeichnete Defizit des Zentralstaats ist etwa viermal so hoch wie während des Höhepunkts der Finanzkrise von 2008. Außerdem wird die absolute Staatsverschuldung sich in den nächsten Jahren voraussichtlich verdoppeln und innerhalb von zehn Jahren von 10 auf 20 Milliarden Euro ansteigen, wenn auch dieser Anstieg natürlich nicht nur auf die Gesundheitskrise zurückzuführen ist. Während das gesamtstaatliche Defizit voraussichtlich bis 2024 abgebaut werden soll, wird die auf Ebene des Zentralstaats verzeichnete defizitäre Lage nicht so schnell ausgeglichen sein. Mangels ausreichender Rücklagen muss dieses Defizit durch Verschuldung finanziert werden.

Im Staatshaushalt 2022 ist keine wirkliche Neuerung gegenüber 2021 zu erkennen. Die wichtigsten politischen Prioritäten bleiben unverändert. Wenn auch Klima und Energie, Wohnwesen und Soziales im Fokus stehen, so sind doch erhebliche Ungleichheiten hinsichtlich der bewilligten Mittel festzustellen. Als Beispiel wäre der Bereich „Klima“ zu nennen: allein für den „Klima und Energie“-Fonds und für die Mobilität - Schienennetz und Ausbau des Tramnetzes – werden voraussichtlich Investitionen in Höhe von 610 Millionen Euro getätigt. Gleichzeitig belaufen sich die speziell für das Wohnwesen vorgesehenen Mittel nur auf 255 Millionen Euro, obwohl ständig von einer Krise im Wohnwesen die Rede ist.

Hinsichtlich der im Rahmen des Integrierten Nationalen Energie- und Klimaplans (PNEC) vorgesehenen Ausgaben, die sich 2022 auf 1,9 Milliarden Euro belaufen, fordert die Chambre des Métiers für den Haushaltsentwurf 2023 mehr Transparenz, nämlich eine Aufschlüsselung der Gesamtausgaben nach den verschiedenen abgedeckten Bereichen und eine Bewertung der Effizienz der bereits getätigten Investitionen.

Kritisch ist auch, dass keinerlei strukturelle Reform, angefangen bei der Finanzierung der Renten, vorgesehen ist. Heute basiert die langfristige Finanzierung der Renten auf einem kontinuierlichen und deutlichen Beschäftigungswachstum. Allerdings ist dieses Wachstum nicht mit den von der Gesellschaft geforderten Konzepten der nachhaltigen Entwicklung und des qualitativen Wachstums vereinbar.

Aufruf zu politischem Mut

Angesichts dieser Feststellungen ist die Einschätzung der Chambre des Métiers der öffentlichen Finanzpolitik sehr gemischt. Sie unterstützt die Neuverschuldung, um Bedürfnisse im Zusammenhang mit außergewöhnlichen Ereignissen wie der Pandemie abzudecken. Dank dieser Maßnahme wird der Aufschwung nicht schon im Keim erstickt, und die Auswirkungen der Gesundheitskrise können finanziert werden. Getreu ihres Standpunkts kann sie die Regierung nur dazu beglückwünschen, dass sie das hohe Investitionsniveau beibehalten will. Im Übrigen zeigt sie sich erfreut, dass keine allgemeine Steuererhöhung auf der Tagesordnung steht.

Dennoch ist sich die Chambre des Métiers bewusst, dass die Staatsfinanzen mittelfristig konsolidiert werden müssen. Ein erster Ansatz hierfür wäre den Anstieg der Betriebskosten beim Staat zu bremsen, insbesondere durch eine verstärkte Digitalisierung der Dienstleistungen, um deren Effizienz zu steigern und den Personalbedarf zu reduzieren.

Die Weichen auf Zukunft stellen

Die Energiewende, die der Premierminister in seiner Rede zur Lage der Nation am 13. Oktober 2021 zu einer Priorität erklärt hat, kann nicht ohne die Handwerksbetriebe gelingen. Darum beansprucht das Handwerk diese Rolle als entscheidender Akteur im Kampf gegen den Klimawandel für sich. Doch dominieren im luxemburgischen Wirtschaftsgefüge Mikro- und Kleinunternehmen, die nicht immer über die finanziellen und personellen Mittel verfügen, um die Wende einzuleiten und ihre Produktionsprozesse zu dekarbonisieren, oder die durch das Fehlen alternativer Technologien mit geringem CO2-Fußabdruck benachteiligt sind.

Hier begrüßt die Chambre des Métiers die Ankündigung der Regierung, einen KMU-Klimapakt einzuführen, wobei die Einzelheiten zur konkreten Umsetzung eines solchen Pakts allerdings noch fehlen. Zudem ist es an der Zeit, dass die Regierung einen konkreten Plan zur Umsetzung des Integrierten Nationalen Energie- und Klimaplans (PNEC) definiert. Obwohl die Ziele bekannt sind, weiß heute niemand, wie sie zu erreichen sind. Deshalb wiederholt die Chambre des Métiers ihre Forderung nach einem starken Instrument, das es den Unternehmen ermöglicht, sich aktiv an der Dekarbonisierung der Wirtschaft zu beteiligen.

Die andere große Herausforderung, der sich das Handwerk in den kommenden Jahren gegenübersehen wird, ist seine Digitalisierung. Sie soll den Handwerkern zu mehr Wettbewerbsfähigkeit verhelfen und den Übergang zu einer zirkuläreren Wirtschaft gewährleisten. Aber auch dies erfordert ein echtes Entgegenkommen seitens des Staates, um diesen Wandel zu unterstützen. Es ist vor allem unerlässlich, das Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte zu verbessern, sowohl in der Erstausbildung als auch in der Weiterbildung – ein Bereich, in dem auch die Kompetenzen in Sachen Energiewende eine Rolle spielen. Die Chambre des Métiers fordert außerdem eine Ausweitung der finanziellen Hilfen, insbesondere durch eine Aufstockung des Programms Fit4Digital Packages, und eine verstärkte Unterstützung ihres Dienstes eHandwierk. Warum nicht in der Nationalen Kredit- und Investitionsgesellschaft (SNCI) ein Instrument zur Unterstützung umfangreicher Investitionen in digitale Lösungen entwickeln, das auf die Bedürfnisse der KMU zugeschnitten ist? Der Staat könnte den KMU außerdem zinslose Darlehen anbieten oder für die Darlehen bürgen.

Unternehmertum fördern

In sozialer Hinsicht ist das Handwerk bereits heute durch den Mangel an Arbeitskräften bedroht, der sich durch den Mangel an erschwinglichem Wohnraum noch verschärft. Die Politik sollte ihr Augenmerk auf die Schaffung von erschwinglichem Wohnraum legen, vor allem durch öffentlich-private Partnerschaften. Mit dieser Lösung könnte das Angebot an günstigen Mietwohnungen mit einem Minimum an öffentlichen Geldern erweitert werden.

Darüber hinaus haben die Chambre des Métiers  und die Chambre de Commerce der Regierung im Juli 2021 ihren Vorschlag für eine bessere soziale Absicherung von Selbstständigen unterbreitet. So schlugen sie eine Aufwertung des Status des „Selbstständigen“ vor, um die Ungleichheiten zwischen diesem Status und dem der Arbeitnehmer auszugleichen, insbesondere hinsichtlich der „sozialen Risiken“, die zu
vorübergehenden oder dauerhaften Einkommensverlusten führen.

Schließlich schlägt die Chambre des Métiers eine Anpassung der staatlichen Hilfsmechanismen für KMU vor, eine systematische Reduzierung des Verwaltungsaufwands sowie eine Ausweitung des Angebots an Gewerbegebieten und eine Überarbeitung der Kriterien bezüglich deren Verwaltung, die oft zu eng gefasst sind.

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