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EU - Erste Auswertungen der Umfrage zu Zahlungsverzug (August-November 2021)

  • Publié le 21.12.2021

Die KMU-Panel-Umfrage zu Zahlungsverzug wurde von August bis November online und europaweit mit Unterstützung des Enterprise Europe Network durchgeführt. Ziel ist die Schaffung einer verantwortungsvollen Zahlungskultur in der EU.


Die 4 wesentlichen Aspekte der Umfrage:

  • wichtigste Merkmale zu den von Unternehmen festgelegten Zahlungsbedingungen;
  • Erfahrung von Unternehmen mit unlauteren Zahlungspraktiken;
  • Gelebte Praxis bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit Zahlungsverzögerungen;
  • Standpunkte der Unternehmen zu möglichen politischen Maßnahmen zur Bekämpfung von Zahlungsverzug.
  • Erkenntnisse aus der Umfrage dienen der umfangreichen Analyse aktueller EU-Vorschriften. Abschluss der Analyse ist für Mai 2022 geplant.

Ziele der Analyse sind:

  1. Durchführung der in der KMU-Strategie (KOM 2020 103) gelisteten Maßnahmen zur Stärkung der Durchsetzung der Richtlinie zum Zahlungsverzug (2011/7/EU)
  2. Antwort auf die Forderungen des EU-Parlaments aus dem Entschluss zur Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie vom 17. Januar 2019
  3. Ermittlung zusätzlich geeigneter Maßnahmen zur Herbeiführung rascher Zahlung, zur Unterstützung von KMU und nachhaltigen Lieferketten.

Durch die geplanten Maßnahmen betroffene Arbeitsbereiche sind:

  • Förderung der elektronischen Rechnungsstellung, digitaler Zahl-Plattformen (Fintechs) und Lösungen für die Finanzierung von Lieferketten im Zahlungsverkehr;
  • Zugangserleichterung zu Kreditwürdigkeitsinformationen von Unternehmen;
  • Synergienförderung zwischen den Zielen des öffentlichen Auftragswesens und den Zielen für Zahlungsverzug;
  • Anwendungserleichterung alternativer Streitbeilegungsmechanismen und der Mediation zur Beilegung von Zahlungsstreitigkeiten im Geschäftsverkehr;
  • Stärkung der Kenntnisse im Kreditmanagement in kleinen und mittleren Unternehmen;
  • Ermittlung der wichtigsten Anforderungen an die Einrichtung einer „EU-Beobachtungsstelle“ (EU-Observatory) für Zahlungsverzögerungen im Geschäftsverkehr.

 

Ergebnisse aus der Umfrage

Wer hat auf die Umfrage geantwortet?

Die Umfrage richtete sich an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aller Branchen. Der Fokus lag auf Zahlungsbedingungen im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen (B2B).

Einzelhändler sowie Unternehmen, deren Kunden überwiegend Verbraucher und/oder die öffentliche Verwaltung sind, wurden nicht befragt. Insgesamt antworteten 715 Unternehmen.

46 % der Befragten sind Kleinstunternehmen (1-9 Beschäftigte), 33 % sind kleine Unternehmen (10-49 Beschäftigte), 20 % sind mittlere Unternehmen (50-249 Beschäftigte).

Die Antworten spiegeln die Situation verschiedenster Branchen wider. Auf die produzierende Industrie fallen 30 % der Antworten. 18 % kommen jeweils aus dem Großhandel und der sonstige freiberufliche, wissenschaftliche und technische Bereich (einschließlich IT-Dienstleistung). 15 % sind Freiberufler. Auf die Baubranche entfallen 7 %. Alle anderen Sektoren machen insgesamt 13 % der Befragten aus.

Über die Hälfte der Antworten (60 %) gingen von vier EU-Mitgliedstaaten ein, Portugal (15 %), Italien (14 %), Polen (14 %) und Rumänien (13 %). Einen erheblichen Anteil an Antworten haben auch Spanien und Deutschland mit jeweils 8 %, gefolgt von Ungarn, Frankreich und Zypern mit 4 bis 5 %. Aus Österreich, Griechenland, Malta, den Niederlanden, der Slowakei und Slowenien, gab es keine Antwort. In der geografischen Herkunft der Antworten spiegelt sich die Relevanz der Thematik vor Ort wider, mit Ausnahmen (z. B. Malta und Griechenland).

Welche Zahlungsbedingungen finden in der Praxis Anwendung?

Nach Angabe der antwortenden Unternehmen, kommen verschiedene Zahlungsbedingungen für Kunden zur Anwendung. Ein Fünftel gab an, der „Standardpraxis“ der zugehörigen Branche zu folgen, während ein Viertel dem Kunden eigene Zahlungsbedingungen auferlegt. 42 % der befragten Unternehmen gab an die Zahlungsbedingungen von Fall zu Fall auszuhandeln. Nur 12 % der Befragten befinden sich nach eigenem Ermessen in einer dem Kunden eindeutig „unterlegenen“ Position, und müssen die vom Kunden „de facto diktierten“ Zahlungsbedingungen akzeptieren.

Forderung zur An- bzw. Vorauszahlungen sind unterschiedlich. Vorschusszahlungen (vollständig oder teilweise) sind recht häufige Praxis für zwei Fünftel der Befragten („immer/fast immer“ oder „häufig“). Eine ähnliche Anzahl der Unternehmen erklärt, diese „selten“ zu verwenden. Ein Fünftel der Befragten erklärt „nie oder fast nie“ auf Vorauszahlungen zu fordern.

Hiervon abgesehen, richten sich die in der Praxis verwendeten Zahlungsbedingungen nur teilweise nach geltender Rechtsvorschrift. Mehr als die Hälfte der Befragten (52 %) verlangt die Zahlung innerhalb von 30 Tagen nach Ausstellung der Rechnung. Für den Rechnungssteller weniger günstige Zahlungsbedingungen mit einem Zahlungsziel zwischen 30 bis 60 Tagen, werden von fast einem Drittel genutzt. Zahlungsziele, die 60 Tage überschreitend werden von einem Sechstel der Befragten angegeben, 12 % hiervon innerhalb von 60 bis 90 Tagen und 4 % mit einem Zahlungsziel über 90 Tage hinaus.

 

Zahlungsbedingungen werden teilweise aus Gründen des Wettbewerbs verlängert. Zwei Drittel der Befragten erklärten, dass sie unter bestimmten Umständen bereit wären, großzügigere Zahlungsbedingungen anzubieten, während das übrige Drittel nicht bereit ist, von bestehenden Bedingungen abzuweichen. Von denjenigen, die bereit sind, längere Zahlungsziele in Betracht zu ziehen, täte die Hälfte das aus „defensiven“ Grund, d. h. um einen Kunden zu behalten und/oder die eigene Marktposition zu sichern. Dagegen sind 40 % der Befragten bereit, Zahlungsbedingungen „aggressiv“ zu verwenden, d. h. um größere und/oder gewinnträchtigere Aufträge (20 %) zu sichern oder die Möglichkeit zu nutzen, einen neuen Markt zu erschließen und/oder neue Kunden zu gewinnen (19 %). Nur 4 % betrachten die Verlängerung der Zahlungsbedingungen als eine Art „letzten kläglichen Versuch“, um das Auftragsbuch zu füllen.

Sind unlautere Zahlungspraktiken ein Thema?

Etwa ein Viertel der Befragten, hauptsächlich kleinere Unternehmen, berichteten von unlautere Zahlungspraktiken. Das von 27 % den Befragten am häufigsten genannten Problem, ist der Versuch, Vertragsbestimmungen (Preis, Anzahl oder Qualität von Ware/Leistung, Lieferzeiten usw.) rückwirkend neu auszuhandeln, um die Zahlung über die vereinbarte Frist hinaus zu verzögern. Vorsätzliche Verzögerungen bei Annahme der Ware/Leistung sind weniger häufig und werden von 21 % der Befragten genannt.

Die vorliegenden Zahlen lassen darauf schließen, dass die Erfahrung mit unfairen Zahlungspraktiken mit der Unternehmensgröße zusammenhängt. Tatsächlich wurde diese Problematik von 35 % bis 40 % der Kleinst- und Kleinunternehmen gemeldet, während nur ein Viertel der mittleren Unternehmen hier Probleme nannten.

 

Vorgehen bei Zahlungsverzögerungen?

Die Mehrheit der Befragten gab an, dass es in Vergangenheit aufgrund von Zahlungsverzögerung zu Konflikten mit anderen Unternehmen kam. Die meisten unter Ihnen versuchten diese Konflikte formell zu lösen. 55 % hatten mindestens einen Fall von strittigem Zahlungsverzug in der Vergangenheit. 75 % hiervon versuchten die Probleme formell anzugehen, während 20 % beschlossen keine rechtlichen Schritte einzureichen. Besonders häufig kommt es zu Streitigkeiten im Zahlungsbereich in den Branchen der verarbeitenden Industrie und im Baugewerbe und der sonstigen Industrie. 70 % – 75 % gaben hier an davon betroffen zu sein. Im Dienstleistungssektor nannten 45 % – 55 % Streitfälle, während das Problem in der Landwirtschaft weniger häufig ist (nur 26 %).

 

Die Einleitung eines Gerichtsverfahrens ist der am häufigsten eingeschlagenen Weg zur Lösungsfindung bei Zahlungsverzugsstreitigkeiten. Im Fall des jeweils aktuellsten Konflikts haben 59 % der Befragten versucht, das Problem mittels Einleitung eines Gerichtsverfahrens lösen zu lassen. 27 % gaben an, Verfahren der Mediation zu nutzen, während 6 % auf Schiedsverfahren zurückgriffen.

Die Befragten scheinen auch für die Offenlegung von Informationen über das Zahlungsverhalten in den Jahresberichten großer Unternehmen zu sein. Dies wird aus den von den Befragten geäußerten Vorlieben für eine Reihe von vorgeschlagenen Zahlungsverhalten-Indikatoren abgeleitet, die eine repräsentative Mehrzahl der Befragten als „sehr nützlich“ oder „irgendwie nützlich“ bewertet. Hier erscheinen Indikatoren im Zusammenhang mit den „Standardvertrags-Zahlungsklauseln“ (78 % „Sehr nützlich“ oder „irgendwie nützlich“) und der „Durchschnittszeit für die Rechnungszahlung“ (76 %, „Sehr nützlich“ oder „irgendwie nützlich“) den Unternehmen am wichtigsten.

 

Bitte beachten: Obenstehender Text ist eine nicht offizielle Übersetzung der Veröffentlichung der EU-Kommission. Die Texte stehen zum aktuellen Zeitpunkt nur in englischer Sprache zur Verfügung. Den offiziellen Text und weitere Informationen finden Sie auf der Seite der Kommission -> Late Payment Directive (europa.eu)

 

Kontakt:

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