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SOLVIT - ein Netzwerk auch für das Handwerk?

  • Publié le 30.09.2019

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Cindy Bauwens, Juristin im Ministère de l’Economie und Mitglied des SOLVIT-Luxemburg Teams, hat uns drei Fragen zu Ziel und Arbeit ihres Teams beantwortet, die durchaus gerade auch für luxemburgische Handwerksunternehmen interessant sind. 


SOLVIT wurde 2002 von der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten ins Leben gerufen, um Bürgern und Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind, das Leben zu erleichtern. 

SOLVIT bietet schnelle und pragmatische Lösungen für Probleme, die sich aus der fehlerhaften Anwendung europäischer Rechtsvorschriften durch eine Behörde ergeben. Diese Initiative ist eine informelle Alternative zu anderen Problemlösungsmechanismen, wie z.B. Gerichtsverfahren, formelle Beschwerden an die Europäische Kommission und Petitionen. 


Cindy, SOLVIT
wurde vor fast zwanzig Jahren gegründet, ist aber der Öffentlichkeit heute noch wenig bekannt. Wie lässt sich das erklären? 

Das zeigt, dass wir unsere Kommunikationsanstrengungen, insbesondere im Hinblick auf Unternehmen, verstärken müssen. Obwohl die Zahl der insgesamt eingereichten Fälle letztes Jahr um mehr als die Hälfte gestiegen ist, ist die Zahl der von Unternehmen eingereichten Fälle nach wie vor gering. Nur 115 von insgesamt 2295 in der EU eingegangener Fälle stammen von Unternehmen 

Zudem bin ich der Meinung, dass Bürger und Unternehmen gegenüber alternativen Streitbeilegungsmethoden immer noch zögerlich sind. 

Wenn einem Unternehmen der Zugang zu einem seiner Produkte verweigert wird, ist sicherlich der erste Reflex, vor dem Verwaltungsgericht Klage einzureichen. 

Ein Gerichtsverfahren ist jedoch nicht immer der schnellste, sicherste und günstigste Weg. Bei überlasteten Gerichten kostet ein Rechtsstreit Zeit, Geld und kann für die Prozessbeteiligten sehr anstrengend werden. Für ein Unternehmen ist Zeit jedoch sehr kostbar und kann beispielsweise zum Verlust von Aufträgen oder ganzen Märkten führen 

SOLVIT ist dann eine gute Alternative, um Druck auf die nationale Verwaltung bzw. Behörde auszuüben, wenn sich herausstellt, dass die Binnenmarktvorschriften nicht korrekt anwendet werden. Mit auf EU-Recht spezialisierten Juristen versucht das SOLVIT-Netzwerk, innerhalb von 10 Wochen eine Lösung zu finden. 

Wenn es nicht zu einer einvernehmlichen Lösung kommt, ist das Unternehmen dann aber bestens für einen soliden Rechtsstreit vor Gericht gerüstet. SOLVIT konnte allerdings im letzten Jahr 70% der von Unternehmen eingereichten Fälle lösen und somit einen Rechtsstreit verhindern. 


Was
sind Ihre Erfahrungen der letzten Jahre und wie wird sich SOLVIT in Zukunft strategisch ausrichten? 

Auf europäischer Ebene stagniert die Zahl der beim SOLVIT-Netzwerk eingehenden Beschwerden in den letzten fünf Jahren, bei aber immernoch im Schnitt rund 2300 Beschwerden pro Jahr. SOLVIT Luxemburg bearbeitet etwa 50 Beschwerden pro Jahr. Diese Beschwerden betreffen hauptsächlich den Bereich der Sozialversicherung. Die hohe Zahl der Beschwerden in dieser Angelegenheit erklärt sich aus der großen Zahl an Grenzgängern und Einwohnern, die die Staatsangehörigkeit anderer Mitgliedstaaten haben. Da geht es dann um Sozialversicherungszugehörigkeit, Familienleistungen, Krankengeld und Rentenansprüche. 

SOLVIT rechnet ab nächstem Jahr allerdings mit einer Zunahme der Beschwerden seitens der Unternehmen, da die EU-Verordnung 2019/515 über die gegenseitige Anerkennung von Waren, am 19. April 2020 in Kraft tritt. Daher können Verwaltungsentscheidungen zur Einschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs für Waren, die bereits rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen sind und vermarktet werden, Gegenstand einer SOLVIT-Beschwerde sein. Die wird dann der Europäischen Kommission zur Prüfung vorgelegt und nach Entscheid über die SOLVIT-Stelle an das betreffende Unternehmen und die zuständige Behörde übermittelt. 


Welche
konkreten Maßnahmen kann SOLVIT also für das Handwerk anbieten? 

Gerade luxemburgische Handwerk scheint mir besonders auf einen funktionierenden Binnenmarkt angewiesen zu sein, da der Sektor in der Großregion stark verflochten ist und viele luxemburgische Unternehmen auf damit auf ausländischen Märkten tätig sind. Im Binnenmarkt bestehen jedoch noch viele Hindernisse, und um diese Hindernisse langfristig zu lösen, können sich luxemburgische Handwerksbetriebe an SOLVIT wenden und konkret und kostenlos Unterstützung erhalten. Wie gesagt, kommt SOLVIT bei einem ganz breiten Spektrum von Themen in Frage: Probleme im Zusammenhang mit der Anerkennung von Berufsqualifikationen, Probleme bei der MItarbeiterentsendung oder im Zusammenhang mit doppelter Versicherungspflicht durch den Bestimmungsmitgliedstaat, Mehrwertsteuerverfahren oder das sogar das Fehlen von behördlichen online-Angeboten für Nichtansässige. 

 

Treffen Sie das SOLVIT-Luxemburg Team am 17. Oktober während der Journée Export 2019 bei der Chambre des Métiers : weitere Infos und Anmeldungen

 

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